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Wie können Steuerberater und Wirtschaftsprüfer beim ESG-Reporting helfen? Interview mit Christian vom Ende von Afileon
16.05.2025

Christian vom Ende, Geschäftsführer von Dr. Schwarz | Harrer | vom Ende, einer Partnerkanzlei von Afileon
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU regelt, welche Unternehmen wann verpflichtet sind, über Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) zu berichten. Für große kapitalmarktorientierte Unternehmen gelten die Regularien bereits seit dem 1. Januar 2024.
Für große Unternehmen, die nicht kapitalmarktorientiert sind, sollte die CSRD ab dem 1. Januar 2025 gelten. Im Rahmen eines „Stop-the-Clock“-Vorschlags hat das Europäische Parlament diese Pflicht allerdings ausgesetzt.
Christian vom Ende, Geschäftsführer von Dr. Schwarz | Harrer | vom Ende GmbH, die zum Afileon Verbund gehören, rät Unternehmen allerdings, sich bereits jetzt um eine systematische Erfassung von ESG-Kennzahlen zu kümmern. Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater hat sich umfangreich in diesem Spezialgebiet weitergebildet. Für ihn ist ein ESG-Reporting keineswegs nur lästige Pflicht, sondern bietet vielfältige Chancen.
Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie Unternehmen von ESG-Kennzahlen profitieren können und wie Afileon sie dabei unterstützen kann.
Warum ist die CSRD für viele Unternehmen so herausfordernd?
Sie bringt eine enorme Menge an Berichtspflichten mit sich! Je nach Geschäftsmodell und Größe müssen Unternehmen potenziell über bis zu 1.200 Datenpunkte berichten. Diese Vielzahl an Informationen betrifft unterschiedlichste Themenbereiche – von Umwelt- und Sozialaspekten bis hin zu Governance-Strukturen – was die Komplexität zusätzlich erhöht.
Hinzu kommt, dass es bislang kaum Erfahrungswerte im Umgang mit der CSRD gibt. Viele Unternehmen stehen also vor der Aufgabe, völlig neue Prozesse und Strukturen für die Datenerhebung und -auswertung aufzubauen. Diese Informationen wurden bislang vielfach entweder gar nicht oder nur unzureichend systematisch erfasst. Das bedeutet nicht nur einen hohen organisatorischen Aufwand, sondern erfordert in vielen Fällen auch ein Umdenken innerhalb der gesamten Unternehmensführung.
Wie können Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Unternehmen bei der ESG-Berichterstattung unterstützen – insbesondere bei der Datenaufbereitung und -prüfung?
Als Wirtschaftsprüfer können wir Unternehmen bei der ESG-Berichterstattung vor allem durch fachliche Begleitung unterstützen – zum Beispiel in Workshops, in denen wir die Anforderungen der CSRD erklären und mögliche Umsetzungswege aufzeigen.
Auch wenn wir aus berufsrechtlichen Gründen nicht gleichzeitig bei der Implementierung und Prüfung helfen dürfen, können wir freiwillig eingeführte ESG-Systeme prüfen und mit einer Bescheinigung zur Vertrauensbildung beitragen. So schaffen wir Transparenz und stärken die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung gegenüber Stakeholdern.
Inwiefern überschneiden sich klassische Prüfung / Beratung und ESG-Reporting? Gibt es da Synergien?
Es gibt definitiv Überschneidungen und Synergien zwischen klassischer Abschlussprüfung und ESG-Reporting. In beiden Fällen ist es zentral, die relevanten Prozesse zu verstehen und die Datenflüsse im Unternehmen nachvollziehbar darzustellen. Auch das Prinzip der Wesentlichkeit spielt in beiden Fällen eine wichtige Rolle.
Darüber hinaus prüfen wir in beiden Bereichen objektiv und ohne Wertung. Das heißt: Wir beurteilen, ob die Aussagen im Bericht korrekt und nachvollziehbar sind – nicht, ob zum Beispiel die ESG-Ziele eines Unternehmens ambitioniert genug oder überhaupt sinnvoll sind.
Der wesentliche Unterschied liegt allerdings im Charakter der Berichterstattung: Während der Jahresabschluss stark zahlengetrieben ist und vergangenheitsorientiert arbeitet, ist ESG-Reporting deutlich textlastiger, qualitativ geprägt und zielt stärker auf die Zukunft – insbesondere auf die Entwicklung und Erreichung langfristiger Nachhaltigkeitsziele.
Welche Kompetenzen müssen Steuerberater/Wirtschaftsprüfer aufbauen, um in diesem Feld aktiv zu werden? Wie hast Du Dich weitergebildet, um Deine Mandanten in diesem Bereich optimal beraten zu können?
Wer als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer im Bereich ESG-Reporting aktiv werden möchte, sollte sich gezielt weiterbilden, und das idealerweise kontinuierlich, denn die regulatorischen Vorgaben entwickeln sich stetig weiter – und das wird auch in Zukunft so bleiben.
Es gibt inzwischen eine Vielzahl an Aus- und Fortbildungsangeboten, etwa vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) oder von spezialisierten Anbietern. Ich persönlich habe mich über ein umfassendes Fortbildungsprogramm von AudFit entschieden. Die Weiterbildung bestand aus sechs Modulen mit insgesamt rund 40 Stunden und deckte alle wesentlichen ESG-Themen ab – besonders positiv hervorheben möchte ich den mittelstandsorientierten Ansatz und die praxisnahen Arbeitshilfen. Zusätzlich nutze ich regelmäßig die IDW-Podcasts und die Fachnachrichten, um über aktuelle Entwicklungen informiert zu bleiben.
Ganz wesentlich war für uns in der Kanzlei aber auch die praktische Erfahrung: Wir haben bereits eine vollständige freiwillige ESG-Prüfung durchgeführt und waren bei mehreren Implementierungen beratend eingebunden. Diese Einblicke haben uns geholfen, die konkreten Herausforderungen besser zu verstehen – zum Beispiel bei der Auswahl und Nutzung unterschiedlicher ESG-Softwarelösungen.
Warum ist es für Unternehmen sinnvoll, sich bereits jetzt um eine systematische Erfassung von ESG-Kennzahlen zu kümmern?
Wenn ein Unternehmen künftig berichtspflichtig ist – oder sich freiwillig zur ESG-Berichterstattung entschließt – sollte es möglichst früh mit der systematischen Datenerfassung beginnen. Das Regelwerk ist komplex, die Anforderungen sind umfangreich, und praktische Erfahrungswerte gibt es bislang kaum, vor allem außerhalb börsennotierter Unternehmen.
Wer früh startet, hat die Chance, intern das nötige Know-how aufzubauen, Prozesse sauber aufzusetzen und sich Schritt für Schritt an die neuen Anforderungen heranzutasten – bevor der Druck durch die verpflichtende Berichterstattung steigt.
Spielen ESG-Kennzahlen auch außerhalb der CSRD eine Rolle für Unternehmen?
Wir beobachten, dass Unternehmen zunehmend auch unabhängig von der regulatorischen ESG-Berichtspflicht mit ESG-KPIs konfrontiert werden – etwa durch Anfragen von finanzierenden Banken.
Das zwingt viele dazu, sich frühzeitig mit den relevanten ESG-Vorgaben auseinanderzusetzen. Gleichzeitig bietet es aber auch Chancen: Wer ESG-Kennzahlen systematisch erfasst, kann diese in die reguläre Berichterstattung integrieren und das eigene Steuerungssystem gezielt um eine ESG-Komponente erweitern.
Warum sollten sich Unternehmen überhaupt mit dem Thema ESG auseinandersetzen?
ESG ist längst kein rein regulatorisches Thema mehr. Unternehmen, die bestimmte Schwellenwerte überschreiten, sind ohnehin zur Berichterstattung verpflichtet. Darüber hinaus hat ein professionelles ESG-Management ganz konkrete finanzielle Auswirkungen: Banken beziehen ESG-Kriterien zunehmend in die Kreditkonditionen ein, und auch bei öffentlichen Ausschreibungen sollen ESG-Aspekte künftig ein Bewertungskriterium sein.
Kurz gesagt: Wer sich frühzeitig mit ESG auseinandersetzt, verschafft sich nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch klare Wettbewerbsvorteile im Markt.
Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie Unterstützung durch ihren Steuerberater/Wirtschaftsprüfer suchen?
Wichtig ist, dass der Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer über fundiertes ESG-Know-how verfügt. Das lässt sich zum Beispiel durch einschlägige Weiterbildungen belegen. Idealerweise bringt der oder die Beratende auch praktische Erfahrung mit – etwa durch bereits durchgeführte ESG-Prüfungen oder durch den Umgang mit verschiedenen Softwarelösungen. Das hilft, individuelle Anforderungen besser zu verstehen und passgenaue Lösungen zu entwickeln.
Was sollten Steuerberater/Wirtschaftsprüfer jetzt tun, um ihre Mandanten zukunftsfähig aufzustellen?
Zunächst sollten wir gemeinsam mit unseren Mandanten klären, ob und ab wann sie von der ESG-Berichtspflicht betroffen sind – oder ob sie freiwillig berichten möchten. In beiden Fällen ist eine klare Nachhaltigkeitsstrategie der erste zentrale Schritt.
Wenn eine Berichterstattung geplant ist, empfehlen sich klassische Projektschritte: ein grober Zeitplan, die Bildung eines ESG-Teams, klare Verantwortlichkeiten und definierte Kommunikationswege.
Inhaltlich startet jede ESG-Berichterstattung mit einer Nachhaltigkeits-Due-Diligence, die in eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse mündet. Sie hilft, den Fokus richtig zu setzen – also weder unnötigen Aufwand zu betreiben noch relevante Themen zu übersehen.
Bei Afileon sind wir optimal auf die neuen ESG-Berichtspflichten vorbereitet. Einige unserer Partnerkanzleien wie Dr. Schwarz | Harrer | vom Ende GmbH, die navigator Gruppe oder SH + C stehen bereits in den Startlöchern und unterstützen schon jetzt Mandanten dabei, mithilfe von ESG-Kennzahlen ihr Geschäftsmodell nachhaltig, sozialverträglich und zukunftsfähig zu gestalten.